Biblische Begriffe

Glauben

Die Erläuterungen, die wir unter dieser Überschrift den Lesern vorstellen, haben nicht das Ziel, eine "theologische" Deutung zu geben, sondern sollen einfach Begriffe, die heute vielleicht anders verstanden werden oder auch ungebräuchlich geworden sind, erklären. Dabei möchten wir jeweils auf ihren Gebrauch im Zusammenhang der Heiligen Schrift eingehen. Dies kann natürlich kaum in erschöpfender Weise geschehen, könnte aber vielleicht dazu dienen, Denkanstöße für unsere Praxis als Christen zu geben.

Glauben

Jeder glaubt irgend etwas. Herr Meier glaubt, dass morgen schönes Wetter ist, Frau Müller glaubt, dass sie ihr Problem schon irgendwie lösen kann, Herr Schulz glaubt, dass die Welt sich aus einem Spiralnebel entwickelt hat, Frau Kremer glaubt, dass das Horoskop recht hat ...
Ist das "glauben"?
Natürlich sind das ganz unterschiedliche "Qualitäten" von "glauben". In unserem Sprachgebrauch verwenden wir den Begriff oft, und in den meisten Fällen einfach in dem Sinn, dass wir etwas zwar nicht genau wissen, aber es eben doch für möglich halten.
Jedenfalls ist dieses "glauben" häufig eine ganz unsichere Sache. Wir sagen ja sogar manchmal: Ich weiß zwar nicht genau, aber ich glaube doch ...
Aber auch wenn jemand "fest" an etwas glaubt, ist dieses noch nicht wirklich sicher: das hängt nämlich davon ab, was man glaubt, oder vielmehr, wem man glaubt. Denn alle Aussagen im weitesten Sinn haben einen Urheber, eine Quelle. Frau Kremer von eben glaubt an das Horoskop, weil sie meint: "Die Sterne lügen nicht." Da aber Sterne Himmelskörper sind, die selbst ja keine Aussage machen können, muss wohl jemand dahinterstehen, dem sie "glaubt". Nur — dieser jemand ist nicht Gott, denn Er vergleicht Astrologie mit Zauberei und spricht das Gerichtsurteil darüber (Jes 47,12-14). Wer aber steht hinter Astrologie und anderen okkulten Praktiken? -— Nun, Frau Kremer "glaubt" dem "Menschenmörder von Anfang", dem "Vater der Lüge" (Joh 8,44).
Sind wir dankbar, dass wir dem absolut glaubwürdigen "Gott der Wahrheit" (Ps 31,5) glauben dürfen, dass wir Seine Aussagen in der Heiligen Schrift besitzen dürfen? Das ist ein Glaube, der absolute Sicherheit bringt. Und von diesem Glauben möchte ich jetzt reden.
Hier beginnt ein ganz anderer Weg: Durch das Wort Gottes werden wir in unserem Innersten überzeugt von der Wahrheit dessen, was wir lesen oder hören. "Also ist der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort" (Röm 10,17). Der Glaube ist eine Gabe Gottes (Eph 2,8), die Er dem schenkt, der in Einfachheit ("wie die Kinder"), ohne Zögern und demütig die Aussagen Gottes annimmt, weil sie das Siegel höchster Autorität haben.
Damit fängt in der Tat alles an; Glaube ist der einzige Weg, um irgend mit Gott in Beziehung zu treten und um anzunehmen, was Gott offenbart hat. Mit dem Verstand allein, so wertvoll er auch ist als etwas, was Gott nur dem Menschen gegeben hat, können wir weder Gott noch Sein Handeln begreifen. "Durch Glauben verstehen wir, dass die Welten durch Gottes Wort bereitet worden sind, so dass das, was man sieht, nicht aus Erscheinendem [= aus Dingen, die mit den Sinnen wahrgenommen werden können; Anmerkung in Elberfelder Ü] geworden ist" (Heb 11,3). Es ist ein von Gott gegebenes Verstehen, gewirkt mittels des Wortes Gottes durch den Heiligen Geist.
Durch den Glauben erkennen wir überhaupt erst, dass der Herr Jesus der Sohn Gottes und der Christus ist (Joh 20,31), und diese Überzeugung zeigt uns, dass niemand zum Vater kommt als nur durch Ihn (Joh 14,6), es ist der Glaube "an Seinen Namen". Wenn ich also nur durch den Glauben in eine Beziehung zu Gott kommen kann — das war schon im Alten Testament so -, dann ist es auch nur der Glaube, durch den alle die Dinge erfasst werden, die Gott schenkt: Vergebung, Rechtfertigung, Errettung ... Denn wir lesen, dass, wer an den Herrn Jesus glaubt, "Vergebung der Sünden empfängt durch seinen Namen" (Apg 10,43). Und was mein Verhältnis zu dem heiligen und gerechten Gott betrifft, so können eigene Werke mich vor Gott nicht gerecht machen, dies kann nur die Gnade Gottes auf der Grundlage des Erlösungswerkes des Herrn Jesus, das ich im Glauben ergreifen darf: "Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir mittelst des Glaubens auch Zugang haben zu dieser Gnade [oder: Gunst], in welcher wir stehen" (Röm 5,1.2).
Der Glaube zeigt uns die Notwendigkeit der Umkehr zu Gott, der "Bekehrung"; durch die Wirkung des Heiligen Geiste in der Seele des Menschen wird er zum errettenden Glauben an das Werk des Herrn Jesus, an Seine Person als der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6); "Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittelst des Glaubens" (Eph 2,8).
In Apostelgeschichte 16 fragt der Kerkermeister in Philippi: "Ihr Herren, was muss ich tun, auf dass ich errettet werde?" (V.30). Und er erhält die Antwort: "Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden..." (V.31). Er hatte erkannt, dass er es mit Gott zu tun hatte und dass er verloren war, sonst hätte er schwerlich diese Frage gestellt. Er war bereit zu tun, was Gott ihm durch diese Männer, Paulus und Silas, sagen würde. Diese Bereitschaft bei ihm war "Glaube wie ein Senfkorn", und so wird sein Blick gerichtet auf den großen Heiland der Verlorenen, den Herrn Jesus, an den er nun glauben darf, auf den er seine Hoffnung und sein ganzes Vertrauen setzen darf: Er erfährt das Glück des Heils als einer, der "an Gott gläubig geworden" (V.34) ist.
Wie unschwer zu erkennen ist, enthält das Wort "Glaube" (gr. pistis) auch den Gedanken an Vertrauen auf Gott und Glaubensüberzeugung, und so hat der Glaube mehrere, voneinander unterscheidbare, aber doch miteinander verbundene Wirkungen. Ein Ausleger des Hebräerbriefs gibt zu Kapitel 11 (dem Kapitel von den "Zeugen des Glaubens"") und den ersten vier genannten Beispielen den Hinweis, dass hier eine "göttliche" Reihenfolge besteht:
=> Abel brachte im Glauben ein Opfer (V 4), durch das er anerkannte, dass nur durch ein stellvertretendes Opfer eine Beziehung zu Gott möglich ist — Glaube, der errettet durch das Opfer Jesu Christi;
=> Henoch wandelte im Glauben mit Gott und konnte nur so Gott wohlgefallen (V.5) — Wandel mit Gott durch den Glauben;
=> Noah hatte durch Glauben an einen göttlichen Ausspruch den Blick auf die Zukunft
gerichtet und baute im Glaubensgehorsam die Arche — Glaube nimmt Gott beim Wort, ohne zu "sehen", und ist gehorsam;
=> Abraham wurde durch Glauben gehorsam und damit ein Fremdling — Glaube bewirkt gelebte "Fremdlingschaft" in dieser Welt.

So lassen sich folgende Aspekte im Gebrauch des Begriffs Glauben in der Heiligen Schrift beschreiben:
Der Glaube ist
=> das Mittel zum ewigen Heil für den Menschen (Eph 2,8; Apg 16,31; Röm 5,1.2; Joh 7,38.39)
=> als "gelebter Glaube" ein stilles Vertrauen auf Gott in allen Umständen des Lebens. So konnten die Jünger bitten: "Vermehre uns den Glauben" (Lk 17,5; s.a. Mk 11,22),
=> die Triebfeder und Kraft für das Wirken der Gläubigen als Zeugen Gottes in der Welt. Er bewirkt Standhaftigkeit, Mut, Freimütigkeit im Dienst (Röm 1,12; 2. Kor 1,24 b; 5,7; Eph 3,12; 1. Tim 3,13).
=> Der Glaube kann darüber hinaus auch eine besondere Gnadengabe sein, ein besonderes Maß an praktischem Glauben, mit dem jemand der Versammlung, dem Leib Christi, in den unterschiedlichsten und vielleicht schwierigsten Umständen dienen und helfen kann (1. Kor 12,9).
=> Schließlich fasst der Begriff Glaube an manchen Stellen das gesamte "Glaubensgut" zusammen, alle Wahrheiten der Schrift, die wir im Glauben festhalten sollen; es gilt, "für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen" (Jud 3;s.a. Apg 16,5; 2. Tim 4,7; u.a.).

Zum Schluss noch dieses: vielleicht ist unter unseren Lesern aber auch einer, der sagt: "Ich kann einfach nicht glauben ..." Was soll man darauf antworten?
Die Frage, die ich zunächst stellen möchte, ist, ob Sie schon einmal Gott (im Gebet) diese Not gesagt haben, dass Sie gern glauben möchten und nicht können und dass Er Ihnen Glauben schenken möge. Versuchen Sie das doch einmal, aber ohne innere Vorbehalte.
Gott sagt: "Bittet, und es wird euch gegeben werden; suchet, und ihr werdet finden; klopfet an, und es wird euch aufgetan werden. Denn jeder Bittende empfängt, und der Suchende findet, und dem Anklopfenden wird aufgetan werden" (Mt 7,7.8).
Rainer Brockhaus