Biblische Begriffe
Die Erläuterungen, die wir unter dieser Überschrift den Lesern vorstellen, haben nicht das Ziel, eine "theologische" Deutung zu geben, sondern sollen einfach Begriffe, die heute vielleicht anders verstanden werden oder auch ungebräuchlich geworden sind, erklären. Dabei möchten wir jeweils auf ihren Gebrauch im Zusammenhang der Heiligen Schrift eingehen. Dies kann natürlich kaum in erschöpfender Weise geschehen, könnte aber vielleicht dazu dienen, Denkanstöße für unsere Praxis als Christen zu geben.
Buße
So tut nun Buße und bekehret euch!" (Apg 3,19) — so lautet die Aufforderung an die "Männer von Israel" durch den Apostel Petrus, und auch der Herr Jesus selbst, wie vor Ihm Johannes der Täufer, rief die Juden auf: "Tut Buße und glaubet an das Evangelium." (Mk 1,15).
Buße, Bekehrung — zwei Begriffe, die wir alle schon oft gehört haben, denen wir hoffentlich alle Folge geleistet haben.
Aber wissen wir eigentlich genau, was sie bedeuten und worauf sie sich beziehen? Und in welchen Zusammenhängen sie im Wort Gottes gebraucht werden?
Dabei ist vielleicht als erstes festzuhalten, dass sie sich - in manchen Stellen jedenfalls, zu denen auch eine der beiden oben zitierten gehört — auch aufeinander selbst beziehen: sie stehen in einer so engen Verbindung miteinander, dass wir sie nicht trennen können.
Der dann jeweils erstgenannte Begriff ist die Buße, und daher wollen wir uns ihm auch zuerst zuwenden.
Schauen wir in eine Konkordanz zur Heiligen Schrift, stellen wir fest, dass der Begriff selbst im Alten Testament nur selten gebraucht wird. Das braucht uns nicht zu erstaunen, denn wir kennen ja Buße als etwas, das eng zur Verkündigung des Evangeliums hinzugehört und daher eher im Neuen Testament zu finden ist, das die neuen Beziehungen einführt und beschreibt, die Gott durch das Evangelium und seine Annahme stiftet. Und wenn im Alten Testament der Begriff verwendet ist, dann geht es um etwas anderes: es ist stets die Rede von dem "Auflegen einer Buße" (so gebraucht in 2. Kön 23,33; 2. Chr 36,3; Esra 7,26, aber auch in der Form des Zeitworts "büßen" in 1. Mo 31,39; 1. Kön 1,21 u.a. Stellen). Der Sinn ist dann, dass man aufgeladene Schuld in der einen oder anderen Form erstatten muss. Wir kennen auch heute diese Bedeutung von "Buße" in der Form des Bußgelds im Verkehrsstrafrecht, wo es als eine Erstattung oder Strafe für begangenes Unrecht mit "Erziehungscharakter" zu sehen ist.
Es mag sein, dass diese alttestamentliche Bedeutung die mittelalterliche Kirche dazu geführt hat, in diesem Sinn Buße aufzuerlegen, sei es in der Form von sogenannten Bußübungen oder sogar in materieller Weise. Aber das entspricht überhaupt nicht dem neutestamentlichen Sinn des Wortes, wo es um innere Dinge, um eine Sache des Herzens geht. Dennoch hat es in der Zeit des Alten Testaments — auch wenn der Begriff Buße dafür nicht verwendet wird, sondern das Wort umkehren, zurückkehren (Hebr. schub) — die Sache an sich natürlich auch gegeben, denn auch damals hat Gott auf das bußfertige Herz des Menschen, auf Bekennen von Sünde und auf Glauben geschaut (s.Ps 32,5; Rö 45).
Bei dem Wort Buße haben wir es im Neuen Testament mit einem Begriff zu tun (griech. metanoia oder als Verb metanoio), der "Änderung des Sinnes in Bezug auf das, was man zu tun vorhat oder getan hat" bedeutet. Vielleicht ist bei dieser "Herzensänderung" noch genauer von der "Revolution (= entschiedene Umkehr und Veränderung) der Denkungsart" zusprechen, wie es jemand nannte, d.h., die ganze Richtung und Weise des Denkens eines Menschen ändert sich. In diesem Sinn schreibt P.Rossel (in "Pour mieux comprendre", Vevey 1993), dass die Buße "entsprechend dem Sinn des griechischen Wortes metanoia eine Änderung des Denkens in Bezug auf sich selbst wie in Bezug auf Gott ist."
Wie aber kommt es zu einer solchen "Änderung des Denkens"? Da der Mensch nach Epheser 4,18 "verfinstert am Verstande" und in "Eitelkeit des Sinnes" sein Leben führt, bedarf es des entschiedenen Eingreifens Gottes, um ihn davon zu überzeugen, dass sein Leben in die verkehrte Richtung geht und dass sein "Ende Verderben" ist (Phil 3,19).
Dieses Eingreifen Gottes geschieht durch Sein Wort - die Predigt - mit dem Wirken des Heiligen Geistes an der Seele; diese soll zur Einsicht und Umkehr kommen, zur Bekehrung (griech. epistrophe, als Verb epistrepho = umkehren, zurückkehren, (sich) umwenden) als einer auch sichtbaren Folge der eher innerlich erfolgten Buße.
Buße und Bekehrung beinhalten also mehrere Aspekte:
- die Erkenntnis - weil ich dem Urteil Gottes glaubte -, dass ich selbst auf falschem Weg bin, weil es ein Weg ohne Gott und von Gott weg ist,
-die Reue über den Weg ohne Gott und damit in Sünde und Schuld, und es folgt die Umkehr oder Bekehrung, und dies als eine bewusste Entscheidung des Herzens, nämlich
— das Aussprechen vor Gott — das Bekennen, Anerkennen - im Gebet, dass dies so ist und dass ich ein Sünder bin und dass ich von meinem Weg umkehre zu Gott. Dies ist die "der Buße würdige Frucht", von der Johannes der Täufer spricht (Mt 3,8).
So darf ich mit dem Herzen glauben, dass Gott mich hört und nach Seiner Zusage mir vergibt und mich annimmt auf der Grundlage des Opfertodes Seines Sohnes. "Also musste der Christus leiden ... und in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden allen Nationen" (Lk 24,46.47). "Und des Herrn Hand war mit ihnen, und eine große Zahl glaubte und bekehrte sich zu dem Herrn" (Apg 11,21; vgl. Apg 26,18).
Buße ist also ein Werk Gottes in der Seele des Menschen, der Mensch muss aber ganz bewußt wollen. Wenn Gott durch Sein Wort zur Buße auffordert, bin ich für dieses Wort an mich verantwortlich und kann mich keineswegs damit herausreden, dass ich mich doch entscheiden könne, wie ich wolle. Dadurch würde ich nämlich erneut Gott gegenüber schuldig.
Aber stellen wir uns noch einmal die Frage: Wer muss Buße tun? Zunächst galt die Aufforderung Gottes zur Umkehr zurück zu Ihm selbst immer wieder dem Volk Gottes des alten Bundes, Israel (z.B. Jes 30,15; Jer 15,19; 31,19; Hes 14,6) - hier lesen wir auch von der Trauer des HERRN: "Dennoch seid ihr nicht bis zu mir umgekehrt" (Amos 4,6-10 und Mal 3,7) —, dann richtet Er sich unmittelbar vor dem Kommen des Herrn Jesus durch Johannes den Täufer noch einmal mit dem Aufruf zur Buße an Sein Volk. Nachdem das Volk der Juden den "Herrn der Herrlichkeit", den Herrn Jesus, verworfen und gekreuzigt hatte, lässt Gott in drei Predigten des Apostels Petrus (Apg 2,38; 3,19; 5,31) das Volk Israel erneut dazu auffordern, Buße zu tun und sich zu bekehren.
Als kurze Zeit später auch der römische Hauptmann Cornelius und die Seinen das Wort durch die Predigt des Petrus aufgenommen hatten und gläubig geworden waren, wird auch den Nationen "die Buße zu Gott" gepredigt (s. Apg 11,18; 17,30; 20,21, 26,20 u.a.).
Gott richtet sich also an alle Menschen, keiner ist ausgenommen. Er ruft nicht nur dazu auf, Buße zu tun, Er gebietet es! "Er gebietet jetzt den Menschen, dass sie alle allenthalben Buße tun sollen, weil er einen Tag gesetzt hat, an welchem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn auferweckt hat aus den Toten" (Apg 17,30-31).
Leider aber lesen wir auch von solchen, die sich nicht bekehren, nicht Buße tun, obwohl Gott in ernstester Weise zu ihnen redet (Offb 16,9,11). Für sie bleibt nur noch ein "furchtvolles Erwarten des Gerichts" (Heb 10,27).
Einen letzten Aspekt möchte ich noch berühren: Wer Buße getan hat, sich bekehrt und geglaubt hat, ist von neuem geboren und für immer ein Kind Gottes geworden. Aber auch ein Kind Gottes kann ja noch sündigen, die verderbte alte Natur ist noch in ihm; es kann verkehrte Wege gehen, die von Gott wegführen;es kann "die erste Liebe verlassen" haben (Offb 2,4), kann böse Lehre oder böse Werke geduldet oder getan haben (Offb 2,15-16;2,2021; 3,3; 3,18-19). Was sagt der Herr, der die Herzen kennt? — "Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke"(Offb 2,5).
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